Blauer Engelsmund

Gefährliche Schönheit

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Der Blaue Engelsmund (Angelis oris hyacinthum folkertii) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Engelsmünder (Angelis oris) innerhalb der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae).

Erscheinungsbild und Blatt

Der Blaue Engelsmund ist ein unbehaarter, leicht aromatischer mehrjähriger Strauch, der Wuchshöhen bis 50 (selten 80) Zentimeter erreicht. Die Zweige sind aufsteigend, aufrecht und leicht verästelt. Die gegenständig angeordneten Laubblätter sind 10 bis 15 Zentimeter lang, länglich und verschmälern sich an beiden Enden. Sie sind glänzend, ganzrandig und am Rand mehr oder weniger eingekerbt. In jungem Zustand sind die Blätter hellgrün; später werden sie dunkler.

Blütenstand

 Der Blütenstand des Blauen Engelsmundes ist traubenartig. Es können sich bis zu 20 Blüten ausbilden. Es bilden sich nacheinander mehrere Blüten an demselben Blütentrieb, wobei jedoch selten mehr als eine Blüte geöffnet ist. Die Blütentriebe entspringen einer Blattachsel. Aufgrund der Wuchsrichtung ist der Blütenstand des Blauen Engelsmundes immer seitenständig.

Blüte

Die zwittrige, bis zu 4 Zentimeter große Blüte ist monosymmetrisch und fünfzählig ohne Blütenhülle. Die Petalen und Sepalen sind von einem leicht ins Bläuliche gehenden Weiß, der Blütenkelch blau mit dunkelblauen Einsprenkeln und erinnert an einen geöffneten Mund, was dem Blauen Engelsmund seinen Namen gegeben hat. Der Fruchtknoten ist unterständig und einteilig. Die Blüte reicht von Mai bis September. Die Blüten verbreiten einen starken, süßlichen Duft.

Frucht

Die Früchte des Blauen Engelsmundes sind glatte, rundliche Kapseln mit fleischigen Wänden und 3 Rippen. Die Früchte entwickeln sich aus dem bereits im Knospenstadium am Boden der Blüte vorgebildeten Fruchtknoten, welcher aus drei Fruchtblättern besteht. Bei eintretender Reife platzen die Früchte der Länge nach auf, ohne sich an der Spitze vollständig zu trennen. Dabei bilden sich drei Längsspalten. Die Samen werden dabei trocken verstreut.

Vorkommen

Die Heimat des Blauen Engelsmundes sind die dichten, tropischen Wälder an den steilen Berghängen der Insel Moorea im nördlichen Teil der Inseln über dem Winde (zu den Gesellschaftsinseln gehörig) Französisch-Polynesiens im Südpazifik. Die Tatsache, dass diese Wälder sehr schwer zugänglich und daher bislang wenig erforscht sind, hat dazu geführt, dass der Blaue Engelsmund, der auf dieser Insel endemisch beheimatet ist, erst vor wenigen Jahren von dem Deutschen Andreas Folkert entdeckt wurde. Der Blaue Engelsmund ist streng geschützt.

Literatur

Andreas Folkert: Reise zur Entdeckung meines Lebens: Blauer Engelsmund. Zarte, gefährliche Schönheit. Selbstverlag Oldenburgia, 1. Auflage 2013, ISBN 4-22934-176-5.

Auszüge:

„Nach sieben Tagen mit sehr unterschiedlichen Winden fahren Bernd und ich mit unserem Zweihandsegler ‚Bella Donna‘ durch die umbrandete Riff-Passage und bis weit nach hinten in die Cooks Bay. Nachdem wir in den Tuamotus keine höhere Erhebung gesehen haben, erfreuen wir uns an den sattgrün bewachsenen Hängen, wohin das Auge reicht, und freuen uns auf eine abwechslungsreiche, langen Waldwanderung. Nachdem wir das Schiff vertäut und uns die Rucksäcke umgeschnallt haben, marschieren wir los. Die Wälder dieser Insel üben eine unwiderstehlich Anziehungskraft auf mich aus. Ich muss jetzt dorthin, koste es, was es wolle. Ob es Bernd ebenso geht, weiß ich nicht. Er ist heute sehr wortkarg. Aber er folgt mir. […]“


„Der Weg, gesäumt von Nadelbäumen, die wir nie zuvor gesehen haben, führt in einen Dschungel und durch eine Schlucht, die an einer Stelle nur mit riesiger Bambusvegetation überwachsen ist. Fast glauben wir uns in einem phantastischen Labyrinth. Die Freude währt indes nicht lange. Es ist heiß und schwül, der Wind hat sich gelegt, und selbst wenn einer wehte, durchdränge er niemals das dichte Busch- und Laubwerk dieses Waldes. Fast könnte man meinen, noch nie habe ein Menschenfuß dieses Terrain betreten. Bernd, der Experte auf dem Gebiet seltener und exotischer Pflanzen, bleibt häufig stehen, um die eine oder andere Blüte, die in noch keinem botanischen Werk beschrieben wurde, zu bestaunen. […]“


„Bernd drängt zur Umkehr. Eine innere Stimme sagt auch mir, das wäre das Vernünftigste. Viel Zeit bleibt uns nicht mehr - die Sonne hat ihren Höchststand längst verlassen. Doch ich kann einfach nicht anders. Etwas hält mich zurück. Eine Sehnsucht, eine Ahnung, dass dies heute eines meiner größten Abenteuer werden würde. Und vielleicht mein - unser - letztes. Denn schon bald wird der Dschungel nahezu unpassierbar. […]“

„Zum Glück haben wir unsere guten alten Macheten dabei. Sofern wir überhaupt so etwas wie einen Weg erkennen können, schlagen wir sie in das fette, glänzende, vor beinahe unerträglicher Luftfeuchtigkeit glänzende Grün, Bernd eher widerwillig - wenn er etwas sagt, sind es Warnungen und Vorwürfe, wie unvernünftig wir seien. Ich tu so, als höre ich ihn nicht. Er kann ja schlecht ohne mich zurückgehen. Das traut er sich nicht. Bernd hat sich noch nie wirklich etwas getraut. […]“

„Hier wachsen Pflanzen, von denen ich nie gehört habe, mit einem Duft, fast Gestank, der die Luft schwängert und den ich nicht beschreiben kann. Beinahe obszöne, riesige Blüten und Lianen schlagen uns ins Gesicht, oft stolpern wir über Baumwurzeln, so dick wie der Mast unseres Seglers. Unbekannte und unheimliche Geräusche dringen an unsere Ohren. Ich mag mir nicht ausmalen, welches Getier uns hier gefährlich werden könnte. Legenden von hier ansässigen wilden Völkern, die Eindringlinge ohne viel Federlesens mit Giftpfeilen oder Schlimmerem durchbohren, kommen mir in den Sinn. […]“

„Plötzlich führt der Pfad, den wir uns schlagen, nicht mehr weiter. Wir stehen auf einem kleinen Absatz vor einer steilen, hohen Felswand, an die sich dennoch üppige Vegetation mir völlig unbekannter Art klammert. Der Weg, den wir gekommen sind, ist kaum noch zu erkennen. Die Felswand reicht in schwindelerregende Höhen und stürzt gleichzeitig vor uns in einen unauslotbaren, dunklen Abgrund. Es führt kein Weg daran vorbei. Die Sonne macht sich bereit, das Meer zu küssen. Wir müssen zurück, und zwar schnell. Doch wo ist der Weg? Wir haben uns verirrt. […]“

„Ich schlage Bernd vor, die Nacht hier irgendwo im Wald zu verbringen und zu warten, bis es wieder hell genug ist, einen Weg zurück zu finden. Denn jetzt würde uns die Dunkelheit umfangen, bevor wir auch nur den halben Weg zur ‚Bella Donna‘ zurückgelegt hätten. Aber Bernd hört wieder einmal nicht auf mich. Er steht kurz vor einer Panik. Und jetzt traut er sich doch etwas: Er schreit mich an, ich sei an unserer Lage schuld, ich allein. Und er will umkehren, ohne mich. Ich versuche, ihn zu beruhigen. Schließlich ist er mein ‚kleiner‘ Bruder. Doch Bernd hört mir nicht zu. […]“

„Die letzten Sonnenstrahlen fallen auf das Dickicht. Da leuchtet etwas auf, etwas strahlend Schönes, Weißes, das in seiner Mitte etwas birgt, das von einem unvergleichlichen, glühenden Blau ist - eine wundervolle Blume, so zart, makellos und liebreizend, wie ich noch nie eine gesehen habe. Ich knie mich hin und betrachte sie näher. Sie verströmt einen wundervollen Duft. Und jetzt fällt es mir ein: In einem uralten Buch habe ich von ihr gelesen. Sie gilt doch seit Ewigkeiten als ausgestorben, ja, Experten sind der Ansicht, es habe sie nie gegeben, weil kein in unserer Zeit lebender Mensch sie je gesehen hat. Der Blaue Engelsmund! […]“

„Diese wunderbare Entdeckung muss ich sofort mit Bernd teilen. Ich sehe mich um. Aber Bernd ist nicht da! Wo mag er stecken? Eben stand er doch noch neben mir! Weit kann er ja nicht sein, denn hier geht es nicht weiter. Nur in den Abgrund oder zurück. Ich rufe nach ihm, laut und immer lauter. Doch es kommt keine Antwort. Mir wird plötzlich bewusst, dass Bernd nur in den Abgrund gestürzt sein kann. Mein Bruder, mein lieber Bruder! Ich kann es nicht fassen. […]“

„Ich habe meinen Bruder verloren, aber einen unermeßlich kostbaren Schatz gefunden. Diese einmalige Entdeckung wird mich berühmt machen.“

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